Wie werden bestehende und neue Medien im Laufe einer Biografie genutzt und bewertet und wie wirkt sich Medialität auf das Erleben von Sprache aus? Alltagsgegenstände der Kommunikation und Information können zu Objekten werden, die uns an vergangene Zeiten und möglicherweise auch andere Orte erinnern: ein Gameboy aus den 1990ern, eine jugoslawische Fernsehserie aus den 1970ern, ein Kinderbuch in kyrillischer Schrift, eine Telefonzelle, der erste Computer, den die Familie besaß. Biografien von Menschen, die im Laufe ihres Lebens vor Krieg fliehen mussten und in einem anderen Land Schutz suchten, werfen besonders die Bedeutung von Mehrsprachigkeit auf: Welche Rolle spielten Medien, um sich in einer neuen sprachlichen Umgebung zurecht zu finden, Kontakte aufrecht zu erhalten und herzustellen oder ein Gefühl von Kontinuität und Zugehörigkeit zu entwickeln?
In ihrem Projekt "Language in Motion" beschäftigt sich die Sprachwissenschaftlerin Julia Sonnleitner mit den Sprach- und Medienbiografien jener Generation, die als Kinder oder Jugendliche vor dem Krieg in Jugoslawien in den 1990ern flohen. Ihnen wurde ein Übermaß an Bekenntnis zu nationalen und sprachlichen Zugehörigkeiten abverlangt, sowohl von Seiten des Aufnahmelandes als auch der neu entstandenen Nationalstaaten auf dem Gebiet des ehemaligen Jugoslawien. Vor dem Hintergrund, dass Angehörige dieser Zielgruppe einem starken Druck bei der Aneignung von Teilen ihres sprachlichen Repertoires ausgesetzt waren, stellt Sonnleitner die Frage, welche Handlungsspielräume durch Medien eröffnet oder auch eingeschränkt wurden. Auf Basis von sprach- und medienbiografischen Interviews wird eine bislang wenig beachtete Dimension des sprachlichen Repertoires untersucht, nämlich wie sich Medialität auf das Erleben von Sprache auswirkt.
Julia Sonnleitner ist Mitglied der Forschungsplattform #YouthMediaLife und konnte ihren Seed Grant erfolgreich nutzen: ihr Forschungsprojekt "Language in Motion" wird über das Hertha-Firnberg-Programm des Wissenschaftsfonds FWF unterstützt. Wir gratulieren ganz herzlich!
